In der Archäologie, Paläontologie oder Forensik sieht man sich häufig mit Fundkomplexen großer Mengen zufällig durchmischter (dreidimensionaler) Bruchstücke konfrontiert. Die Sicherung sowie restauratorische und wissenschaftliche Bearbeitung des Materials erfolgt derzeit üblicherweise nicht als digitale Reposition, sondern in aufwendigen, manuellen Arbeitsprozessen. Dabei setzen Bergung und Transport sowie Versuche, einzelne Bruchstücke zu sortierten und zu größeren Segmenten zusammenzuführen dem fragilen Fundmaterial häufig zu und können im Extremfall zu Substanzverlust führen.
In der MusterFabrik Berlin befinden sich Systeme in der Entwicklung, mit denen fragile Objekte sowohl schonend als auch mit vertretbarem Zeitaufwand digital gesichert und für eine nachfolgende restauratorische und wissenschaftliche Bearbeitung aufbereitet, d.h. beispielsweise durch digitale Reposition rekonstruiert werden können.
Zeiteffiziente 2,5-D-Verarbeitung von 3-D-Objekten
Die von uns entwickelte Methodik ist für die digitale Verarbeitung von 3-D-Objekten mit spezifischen geometrischen Eigenschaften wie beispielsweise Wandputz- oder Mosaikfragmente ausgelegt. Diese sogenannten 2,5-D-Objekte weisen neben einer erhabenen (putzbehafteten) Rückseite eine plane (motivbehaftete) Vorderseite auf. Enthält die plane Seite für die digitale Weiterverarbeitung auswertbare Merkmale, kann prinzipiell auf eine vollständige Verarbeitung von 3‑D-Daten verzichtet werden.
Unser Ansatz unterscheidet sich dabei prinzipiell von der in der Regel gebräuchlichen Herangehensweise in 3-D. Dabei werden die Vorteile von 2-D- und 3-D-Verfahren sinnvoll und effizient miteinander vereint, indem nur die aussagekräftigsten Merkmale „aus beiden Welten“ verarbeitet werden. Da keine vollständige 3-D-Erfassung der Objekte erforderlich ist, können die sehr zeitintensive 3-D-Digitalisierung und die nachgeschaltete komplexe Extraktion von 3-D-Objektmerkmalen entfallen.
Digitale Reposition in 2-D unter Berücksichtigung der 3-D-Tiefeninformation
Anders als bei einem 2‑D-Puzzle, bei dem der Puzzlevorgang nur in einer Ebene stattfindet, sind bei der „klassischen“ 3‑D-Verarbeitung die Puzzleteile in der Regel frei im Raum positionierbar. Dies resultiert in einem weiteren Freiheitsgrad bei der Ermittlung ihrer korrekten Anordnung, so dass der kombinatorische Aufwand entsprechend deutlich höher ist als im zweidimensionalen Fall.
Bei unserem 2,5-D-Ansatz wird das 3-D-Puzzle auf ein „2‑D-Puzzle unter Berücksichtigung von Tiefeninformation“ reduziert, wobei das Einbeziehen der Tiefeninformation durch den Anteil „0,5‑D“ angezeigt wird. Dabei muss die Tiefeninformation vorab bei der Digitalisierung aus einer 3-D-Aufnahme der erhabenen Fragmentrückseite generiert werden.
Durch eine eineindeutige Projektion der Tiefeninformation auf die Bezugsebene der planen Fläche können die plane und die erhabene Umrandung der Fragmente im Folgeprozess geeignet unterschieden werden. Für geometrisch komplexere Fälle, in denen nicht die plane Motivebene, sondern die erhabene (Rückseite der Objekte deren äußere Umrandung bildet, werden zudem auf der Vorderseite die Übergänge zwischen Motiv- und Putzebene detektiert und maskiert.
Bei der 2,5-D-Reposition stellt die Motivebene die Puzzleebene dar, in der die Fragmente verschoben oder rotiert und im Passfall digital verklebt werden. Weisen die 2‑D-Abbilder der Rückseiten neben ihrer Tiefeninformation noch weitere charakteristische Merkmale auf, können diese neben den Motivbildern der Vorderseiten ebenfalls im Repositionsprozess prozess verwendet werden. Dieses Vorgehen resultiert in einem Übergang von der klassischen 3‑D- zu einer 2,5‑D-Verarbeitung.